Dies
ist die Geschichte des Unendlichen. Als das Universum entstand und die Zeit
begann, wurde dem Nichts, das überall herrschte Leben eingehaucht. Es
entstanden Planeten, Sterne und ganze Galaxien, die nur so von geballtem
Lebenswillen strotzten. Und die Zeit nahm sich ihrer an. Das Leben nahm seinen
Lauf. Doch in den hintersten Ecken des Universums gebar das Nichts etwas, das
der Zeit gewachsen sein sollte. Etwas, das sie überdauern konnte. Etwas, das
herrschen würde, wenn nichts mehr war. Den Unendlichen. Ein Geschöpf des
Universums. Erschaffen aus dem Nichts, das alles umgab, mit einem Herz aus
purem Leben, das niemals schlug. Bestimmt dazu alles zu überdauern, was kommen
würde. Wie ein Fels in der Brandung, der Wind und Wetter trotzte.
Der Unendliche war ein Wesen, das
seines Gleichen suchte. Ohne Gefühl für Raum und Zeit, verloren in den Ären des
Universums und dennoch als einziger fähig das “wo“ zu begreifen. Eine
körperlose Hülle - Ein hüllenloser Körper. Der Unendliche war nicht einmal die
Ahnung einer Existenz. Er verkörperte das Nichts und gleichzeitig alles andere,
denn er hatte das Leben in sich. Das Leben, das ihn zu etwas machen würde. Das
ihn existieren lassen würde. Und das ihn der Zeit auslieferte. Es war bittre
Ironie.
Jahrtausende vergingen wie
prasselnder Regen, der stumm von dannen zieht, doch die Zeit fand kein Ende.
Sie würde nicht enden. Sie war wie eine Taschenuhr. Sie tickte und tackte.
Immer. Tick-Tack-Tick-Tack-Tick. Und doch hört sie irgendwann auf zu ticken.
Die Zeiger bleiben stehen. Doch das Leben geht weiter. Man muss sie nur
aufziehen und schon beginnt sie wieder zu ticken und tacken. Unaufhörlich. Ohne
Ende. Bis in alle Ewigkeit. Und das wusste der Unendliche. Denn das Leben
schafft die Zeit und die Zeit schafft das Leben. Ein ewiger Kreis. Und darüber,
der Unendliche. Er war beides zugleich und doch nichts davon. In Ewigkeiten
gefangen, die wie nichts vergingen. Und doch kam ein Ende – irgendwann.
Der Unendliche vergas seine
Bestimmung. Er konnte nichts überdauern, was nicht zu überdauern war. Selbst
die Unendlichkeit vollbringt nichts Unmögliches. Und so stieg er hinab in die
Katakomben der Zeit, wo sie thronte und unterwarf sich ihr. Als der Zeiger der
Zeit ihn berührte, fing sein Herz an zu schlagen und es pumpte Leben. Das
Leben, das seit Unendlichkeiten in ihm schlummerte. Das ihn jetzt zum Leben
persönlich werden lies. Für den winzigsten Bruchteil eines Lidschlags spürte
der Unendliche die Zeit. Wie sie das Leben in ihm in Bewegung versetzte, wie
sie ihn zum Sein persönlich werden ließ und wie sie seine Existenz beendete.
Denn jetzt gab es keine Unendlichkeit mehr für ihn. Der Unendliche hatte sich
mit der Zeit eingelassen und bekam dafür die Quittung. Aber er bezahlte nicht
alleine. Der Unendliche nahm die Zeit mit. Und mit dem ersten Ton, der je an sein
Ohr drang, verging die Welt.
Die Zeit hatte das Leben ausgelöscht
und somit sich selbst. Mit einem einzigen Seufzer verschwand das Universum, als
wäre es nie gewesen und das Nichts kehrte zurück an seinen Platz. Es war das
Ende allem und ein Neuanfang für kommendes. Denn wie auch die Unendlichkeit nie
enden kann, findet auch die Zeit nie ein Ende. Auch ohne Leben. Man muss sie
nur wieder aufziehen.
Wer weiß was mit uns passiert, wenn
wir irgendwann die Zeit hinter uns lassen. Wenn wir mit dem Finger schnippen,
und in dem selben Moment, der für uns zu einer Ewigkeit wird, unser ganzes
Leben leben, und dennoch mit dem Klang des Schnippens, das an unser Ohr dringt
aus einer längst vergangen Epoche, ein längst gelebtes Leben von neuem beginnen
und nur darauf warten mit dem nächsten Schnippen in der Ewigkeit zu ertrinken,
während die Zeit, die wir einst als das hinderlichste aller Naturgesetze
erachteten und aushebelten, nutzlos im Nichts liegt, uns auslacht und vor sich
hin vergeht, während wir vergehen und doch ewig bestehen, in dieser und allen
Welten, in stiller Hoffnung auf einen Schlag unsres Herzens, der uns befreit aus
der unerbittlichen Umarmung der Ewigkeit und uns heim bringt, zurück zu
endlichen Tagen und endlichen Leben. Wer weiß..
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